Sonntag, 11. August 2013

Schlaglicht auf Otterlo, Kröller-Müller Museum: Jean Dubuffets "Jardin d´émail"


Ein weiteres Mal soll der Blick auf ein ausländisches Museum gelenkt werden. Nahe der Ortschaft Otterlo befindet sich das Kröller-Müller Museum, gegründet durch Helene Kröller-Müller, einer deutschen Kunstsammlerin. Es sind nur knappe zwei Autostunden, die den Kulturraum NRW und das niederländische Museum voneinander trennen. Zwei Stunden, die sich lohnen und die man auf sich nehmen sollte. Denn die Sammlung besticht vor allem durch ihre Vielfalt. Alte Meister zeigen sich ebenso wie zeitgenössische Kunst, doch ist der Moderne der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die größte Aufmerksamkeit zugekommen. Sisley, Picasso, Monet, van Gogh oder Ensor besetzen den Hauptanteil der Räumlichkeiten.

Pablo Picasso, Violon, 1911-12

Doch besonders gefallen hat mir der Skulpturengarten, der Skulpturen (im weitesten Sinne) zu bieten hat, die zwischen 1924 (Henry van de Velde, Andreas Rimkus) und 2010 (Gerrit Rietveld) entstanden sind.


 Unter ihnen befindet sich der „Jardin d´émail“ aus dem Jahr 1974 von Jean Dubuffet. 




Diese Skulptur/Landschaftsarchitektur ist wohl eine der meist besuchten in dem „Beeldentuin“ (Skulpturengarten), vermutlich aufgrund ihrer Möglichkeiten zur (Inter-)Aktion. Vorstellen muss man sich eine riesige Architektur in Weiß gehalten und mit schwarzen dicken Linien – ähnlich Konturlinien – versehen. Assoziationen mit Niki de Saint Phalles Nanas und Keith Harings Figuren schleichen sich unmittelbar ein. 

Niki de Saint Phalle, Nana in Hannover, 1974.

Keith Haring, Tuttomondo, 1989

Aber auch das Gefühl, vor einer Art Festung zu stehen, kommt auf. Die Tür zu finden, stellt bereits das erste Abenteuer der Besichtigung dar. Man kann mehrmals die Architektur umkreisen, ohne die kleine, sehr verstecke Tür zu finden. Sie führt den Glücklichen, der sie entdeckt hat durch einen dunklen schmalen Treppengang hinauf auf das Plateau des Jardin. Der Turm, der einem überdimensionalen Pilz oder einem Baum gleicht, stellt dabei die andere Seite der Tür dar. In seinem Inneren befindet sich der Treppengang. Auf dem Plateau angekommen, erstreckt sich vor den Augen des Betrachters eine unruhige Landschaft mit zahlreichen Erhebungen und Einsenkungen, die noch eine weitere Assoziation zulassen: nämlich die eines Freizeitschwimmparks. Die Einsenkungen wären dabei die mit Wasser gefüllten Schwimmbecken, die Erhebungen wären die Liegeplätze. Eine Szenerie, die vor allem Kinder jeden Alters einlädt, das Gebiet – meist rennend – zu erkunden. Alles an dieser Architektur verführt zum Entdecken, weckt den Abenteuergeist und evoziert das Gefühl von Spaß, Aufregung und Freude. An dieser Stelle wird sich vollkommen anders mit Kunst auseinander gesetzt. Es handelt sich nicht um einer ernste, stille und nachdenkliche Atmosphäre, wie sie so oft in Museumsräumen entsteht. Kunst soll hier Freude bereiten, soll den Körper fordern und uns befragen, welches Verhältnis wir zum Thema Kunst pflegen. Bewusst oder unbewusst beschäftigen wir uns mit der Frage, ob es sich hier eigentlich um Kunst handelt und was wir sehen und was das Gesehene mit uns macht. Auf dieser Art und Weise erreicht Dubuffet eine angenehme und eher unbewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Kunst/Landschaftsarchitektur/Skulptur und erzeugt eine positive Haltung gegenüber der Arbeit. „Kunst kann Spaß machen“ scheint beinahe eine der zahlreichen Aussagen dieser Architektur zu sein und läd den Betrachter ein, seinem Auge immer wieder neue Ansichten zu bieten.

Wen diese Hommage an Dubuffet noch nicht überzeugt hat, sollte sich einmal genauer mit dem Landschaftspark, der das Museum umgibt, auseinandersetzen. 


Fahrräder können kostenfrei an den Stationen ausgeliehen werden und der Park ist auf diese Weise gut zu erkunden. Für einen Tagesausflug mit einem Anspruch auf Kultur und leichte sportliche Betätigung stellt das Kröller-Müller Museum genau den richtigen Ort dar.

Liza



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