Ein weiteres Mal soll der Blick auf
ein ausländisches Museum gelenkt werden. Nahe der Ortschaft Otterlo befindet
sich das Kröller-Müller Museum, gegründet durch Helene Kröller-Müller, einer
deutschen Kunstsammlerin. Es sind nur knappe zwei Autostunden, die den
Kulturraum NRW und das niederländische Museum voneinander trennen. Zwei
Stunden, die sich lohnen und die man auf sich nehmen sollte. Denn die Sammlung
besticht vor allem durch ihre Vielfalt. Alte Meister zeigen sich ebenso wie
zeitgenössische Kunst, doch ist der Moderne der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts die größte Aufmerksamkeit zugekommen. Sisley, Picasso, Monet, van
Gogh oder Ensor besetzen den Hauptanteil der Räumlichkeiten.
Pablo Picasso, Violon, 1911-12
Doch besonders gefallen hat mir der
Skulpturengarten, der Skulpturen (im weitesten Sinne) zu bieten hat, die
zwischen 1924 (Henry van de Velde, Andreas Rimkus) und 2010 (Gerrit Rietveld)
entstanden sind.
Unter ihnen befindet sich der „Jardin d´émail“ aus dem Jahr
1974 von Jean Dubuffet.
Diese Skulptur/Landschaftsarchitektur ist wohl eine der
meist besuchten in dem „Beeldentuin“ (Skulpturengarten), vermutlich aufgrund
ihrer Möglichkeiten zur (Inter-)Aktion. Vorstellen muss man sich eine riesige
Architektur in Weiß gehalten und mit schwarzen dicken Linien – ähnlich
Konturlinien – versehen. Assoziationen mit Niki de Saint Phalles Nanas und
Keith Harings Figuren schleichen sich unmittelbar ein.
Niki de Saint Phalle, Nana in Hannover, 1974.
Keith Haring, Tuttomondo, 1989
Aber auch das Gefühl,
vor einer Art Festung zu stehen, kommt auf. Die Tür zu finden, stellt bereits das
erste Abenteuer der Besichtigung dar. Man kann mehrmals die Architektur
umkreisen, ohne die kleine, sehr verstecke Tür zu finden. Sie führt den
Glücklichen, der sie entdeckt hat durch einen dunklen schmalen Treppengang
hinauf auf das Plateau des Jardin. Der Turm, der einem überdimensionalen Pilz
oder einem Baum gleicht, stellt dabei die andere Seite der Tür dar. In seinem
Inneren befindet sich der Treppengang. Auf dem Plateau angekommen, erstreckt
sich vor den Augen des Betrachters eine unruhige Landschaft mit zahlreichen
Erhebungen und Einsenkungen, die noch eine weitere Assoziation zulassen:
nämlich die eines Freizeitschwimmparks. Die Einsenkungen wären dabei die mit
Wasser gefüllten Schwimmbecken, die Erhebungen wären die Liegeplätze. Eine
Szenerie, die vor allem Kinder jeden Alters einlädt, das Gebiet – meist rennend
– zu erkunden. Alles an dieser Architektur verführt zum Entdecken, weckt den
Abenteuergeist und evoziert das Gefühl von Spaß, Aufregung und Freude. An
dieser Stelle wird sich vollkommen anders mit Kunst auseinander gesetzt. Es
handelt sich nicht um einer ernste, stille und nachdenkliche Atmosphäre, wie
sie so oft in Museumsräumen entsteht. Kunst soll hier Freude bereiten, soll den
Körper fordern und uns befragen, welches Verhältnis wir zum Thema Kunst
pflegen. Bewusst oder unbewusst beschäftigen wir uns mit der Frage, ob es sich
hier eigentlich um Kunst handelt und was wir sehen und was das Gesehene mit uns
macht. Auf dieser Art und Weise erreicht Dubuffet eine angenehme und eher
unbewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Kunst/Landschaftsarchitektur/Skulptur
und erzeugt eine positive Haltung gegenüber der Arbeit. „Kunst kann Spaß
machen“ scheint beinahe eine der zahlreichen Aussagen dieser Architektur zu
sein und läd den Betrachter ein, seinem Auge immer wieder neue Ansichten zu
bieten.
Wen diese Hommage an Dubuffet noch
nicht überzeugt hat, sollte sich einmal genauer mit dem Landschaftspark, der
das Museum umgibt, auseinandersetzen.
Fahrräder können kostenfrei an den
Stationen ausgeliehen werden und der Park ist auf diese Weise gut zu erkunden.
Für einen Tagesausflug mit einem Anspruch auf Kultur und leichte sportliche Betätigung stellt das Kröller-Müller Museum genau den richtigen Ort dar.
Liza
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