![]() |
Johann Zoffany: Die Tribuna der Uffizien, Öl auf Leinwand, 123,5 cm x 155,0 cm, Uffizien, Florenz. |
Was
und warum sammeln wir? Diese Frage stellt sich Krzysztof Pomian in seinem Buch „Der Ursprung des Museums –
Vom Sammeln“. Seine offene
Fragestellung bietet ihm die Möglichkeit über mehr als Kunstsammlungen zu
sprechen und öffnet den Diskurs einem nominalistischen Ansatz.
Wenn
wir ein Artefakt dem ökonomischen Kreislauf entziehen, verliert es seine
Nützlichkeit und erweitert seinen Wert vom reinen Tausch- und Gebrauchswert um seine individuelle Bedeutung. Jene Bedeutung
ist keine Konstante, sondern eine fließende und zeitliche Eigenschaft, die von
sozialen und gesellschaftlichen Fakten beeinflusst ist. Erst die Kultur stellt
diese Sammelobjekte, die Pomian Semiphoren nennt her. Semiphoren sind Objekte ohne Nützlichkeit, die mit
Bedeutung belegt sind.
Diesen
Sammelobjekten wohnt eine Kraft inne, die Menschen dazu bewegt, sich um sie
herum zu versammeln und beispielsweise gestische Aktivitäten zu vollziehen.
Pomian bringt dazu zahlreiche Beispiele, wie Objekte, die in Kirchen, Tempel,
oder Museen angesiedelt sind. Man stelle sich den Ablauf einer christlichen
Messe, oder einen Gang durch ein Museum vor. Es lässt sich hier eine Verbindung
zur Akteur-Netzwerk-Theorie
von Bruno Latour aufzeigen,
da auch er den Dingen/Aktanten eine Handlungsmacht zuspricht.
Die
Rolle des Blickes in Bezug
auf Semiphoren ist ebenfalls ein interessanter Ansatz von Pomian. Bedenkt man
Grabbeigaben und Schatzkammern, die nur für den Fürsten zugänglich sind, wird
die Exklusivität des Blickes auf diese Objekte deutlich. Es kann ein Objekt
nicht nur für einen menschlichen Blick bestimmt sein, sondern auch für andere
Existenzen, wie beispielsweise Götter und Heilige.
Wir
sammeln und stellen diese Objekte nicht bloß für unsere Augenlust aus. Es geht auch um Machtverhältnisse. Der Herrscher sammelt seltene Objekte in seiner
Schatzkammer, um seine Macht zu demonstrieren und Statusbildung zu fördern. Es
überträgt sich die Bedeutung, die von den Semiphoren ausgeht, auch auf deren
Besitzer. Sie ziehen den Blick auf sich und stellen Macht aus.
Was
früher die Schatzkammern der Kirche und der Fürsten war, ist heute das Museum. Die Öffnung und Zugänglichkeit von
Sammelobjekten hat einen entscheidenden Wandel erfahren, indem die
Privatsammlungen zur Schatzkammer des Volkes konvertiert wurden. Die Huldigung
der Kunst hat sich zum neuen
Kult des Volkes transformiert. Sammlungen von Semiphoren dienen der
Selbstbeschreibung der Nation. Sie sind zukunftsgerichtet und gleichzeitig zur Vergangenheit gewandt. Eine Kultur konstruiert sich selbst und
baut ihre Definition aus, indem sie ihre Macht demonstriert spezifische
Sammlungen zu erstellen.
Pominas
Buch ist definitiv einen Blick wert, da es unsere Rolle als Betrachter,
Gesellschaft und auch als Kunsthistoriker untersucht. Er nutzt zahlreiche
Beispiele und schreibt sehr unterhaltsam. So angenehm können also auch
theoretische Ansätze vermittelt werden.
Lara
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen