Hilma af Klint: Das Kindesalter, Nr.1, Gruppe IV, Farbe auf Leinwand, 1907. |
Wer
Lust auf einen Ausflug außerhalb des Kulturraums NRW hat, sollte einen Besuch
der Hauptstadt in Erwägung ziehen. Dort kann man im Hamburger Bahnhof vom 15. Juni bis zum 6. Oktober 2013 dem spiritistischen
Werk der schwedischen Künstlerin
Hilma af Klint begegnen. Ihre
Arbeiten wurden bisher nur selten ausgestellt und die aktuelle Ausstellung
bietet den bisher größten Umfang ihres Œuvre zur
Sichtung an. Ihr Nachlass besteht aus mehr als 1000 Werken und 125
Notizbüchern.
Hilma af Klint: Notizbuch. |
Man wird von der ästhetischen und gestalterischen Vielfalt ihrer
Kunst überrascht, die sich von Raum zu Raum immer fassettenreicher entwickelt.
Skizzenbücher, Zeichnungen, gegenständliche und abstrakte Malereien wechseln sich ab, oder werden in
Bildern kombiniert. Eine besondere Vorliebe für florale Ornamente, Symbole,
Schriftzeichen, Spiegelungen und kräftige Farben lässt sich schnell erkennen.
Hilma af Klint: Der Schwan, Nr.1, Gruppe IX, Farbe auf Leinwand, 1915. |
Doch was macht diese Arbeiten so besonders? Hilma af Klint
verschrieb ihr Leben und Werk dem Spiritismus. Ihr Interesse galt der Theosophie und Anthroposophie. Anhand ihrer Kunst wollte sie
Erkenntnis über die verschiedenen Dimensionen des Daseins erlangen und
unsichtbare Zusammenhänge zwischen diesen sichtbar machen. Ihre Arbeit ist
nicht an ästhetische Theorien gebunden, sondern entsteht vor allem bei Séancen, durch die sie Kontakt zu höheren
Wesenheiten erlangte, die sie automatisch schreiben, zeichnen und malen ließen.
Hilma af Klint: Evolution, Nr. 15, Gruppe VI, Farbe auf Leinwand, 1908. |
Hilma
af Klint schafft mehrere Werkgruppen, die sich jeweils mit unterschiedlichen Themen wie beispielsweise
Evolution, Geschlechtlichkeiten, oder Lebensalter, auseinander setzen. Die
Gemälde zum Tempel bilden ihre umfangreichste Werkgruppe.
Hilma af Klint: Altarbild, Nr.1, Gruppe X, Farbe auf Leinwand, 1915. |
Der
Diskurs über die Werke Hilma af Klints betont ihre Rolle als Pionierin der
Abstraktion, da sie bereits 1906
eine abstrakte Bildsprache entwickelte, jedoch ist dies zu hinterfragen, da sie
kein aktiver Teil der Kunstszene war. Sie hat zu Lebzeiten niemals ausgestellt
und konnte somit keinen Einfluss auf die Entwicklung der Abstraktion in der
Kunst haben. Der Grund für die Entwicklung der Abstraktion lässt sich somit ehr
in der gesellschaftlichen Entwicklung und daraus resultierenden ästhetischen
Fragen suchen.
Hilma af Klint: Der Schwan, Nr.17, Gruppe IX, Farbe auf Leinwand, 1915. |
Als
Kennzeichen der Moderne wird
in der Literatur die Prozesshaftigkeit der Werke verstanden. Dies lässt sich definitiv auch bei Hilma af
Klint feststellen. Auch sie legte ein besonderes Augenmerk auf
Zustandsveränderungen, Transformationen, Metamorphosen, schuf seriell und
arbeitete auf ein Ziel hin. Der Künstler verstand sich immer mehr als
performativer Akt, als Medium
und Mittler, was ebenfalls als weitere Parallele festgehalten werden kann. Das
Interesse von Künstlern für Metaphysik und Spiritismus war ein Trend dieser Zeit, dem auch bekannte Größen
wie Wassily Kandinsky folgten.
Wassily Kandinsky: Farbstudie Quardrate, Farbe auf Leinwand, 1913. |
Die
Frage, ob die Kunstgeschichte wegen der Entdeckung von Hilma af Klints Werk nun
umgeschrieben werden muss, kann meiner Meinung nach mit einem deutlichen „Nein“
beantwortet werden. Doch ihre selbstbewusste Arbeit als weibliche Künstlerin
ist ein wunderbar frühes Beispiel für die Tendenzen und Ausformungen der modernen
Kunst um 1900.
Hilma af Klint: Das Jünglingsalter, Nr.3, Gruppe IV, Farbe auf Leinwand, 1907. |
Lara
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen