Samstag, 3. August 2013

Schlaglicht auf Berlin – Ein Treffen mit Hilma af Klint


Hilma af Klint: Das Kindesalter, Nr.1, Gruppe IV, Farbe auf Leinwand, 1907.



Wer Lust auf einen Ausflug außerhalb des Kulturraums NRW hat, sollte einen Besuch der Hauptstadt in Erwägung ziehen. Dort kann man im Hamburger Bahnhof vom 15. Juni bis zum 6. Oktober 2013 dem spiritistischen Werk der schwedischen Künstlerin Hilma af Klint begegnen. Ihre Arbeiten wurden bisher nur selten ausgestellt und die aktuelle Ausstellung bietet den bisher größten Umfang ihres Œuvre zur Sichtung an. Ihr Nachlass besteht aus mehr als 1000 Werken und 125 Notizbüchern.


Hilma af Klint: Notizbuch.

Man wird von der ästhetischen und gestalterischen Vielfalt ihrer Kunst überrascht, die sich von Raum zu Raum immer fassettenreicher entwickelt. Skizzenbücher, Zeichnungen, gegenständliche und abstrakte Malereien wechseln sich ab, oder werden in Bildern kombiniert. Eine besondere Vorliebe für florale Ornamente, Symbole, Schriftzeichen, Spiegelungen und kräftige Farben lässt sich schnell erkennen.


Hilma af Klint: Der Schwan, Nr.1, Gruppe IX, Farbe auf Leinwand, 1915.


Doch was macht diese Arbeiten so besonders? Hilma af Klint verschrieb ihr Leben und Werk dem Spiritismus. Ihr Interesse galt der Theosophie und Anthroposophie. Anhand ihrer Kunst wollte sie Erkenntnis über die verschiedenen Dimensionen des Daseins erlangen und unsichtbare Zusammenhänge zwischen diesen sichtbar machen. Ihre Arbeit ist nicht an ästhetische Theorien gebunden, sondern entsteht vor allem bei Séancen, durch die sie Kontakt zu höheren Wesenheiten erlangte, die sie automatisch schreiben, zeichnen und malen ließen.


Hilma af Klint: Evolution, Nr. 15, Gruppe VI, Farbe auf Leinwand, 1908.


Hilma af Klint schafft mehrere Werkgruppen, die sich jeweils mit unterschiedlichen Themen wie beispielsweise Evolution, Geschlechtlichkeiten, oder Lebensalter, auseinander setzen. Die Gemälde zum Tempel bilden ihre umfangreichste Werkgruppe.


Hilma af Klint: Altarbild, Nr.1, Gruppe X, Farbe auf Leinwand, 1915.


Der Diskurs über die Werke Hilma af Klints betont ihre Rolle als Pionierin der Abstraktion, da sie bereits 1906 eine abstrakte Bildsprache entwickelte, jedoch ist dies zu hinterfragen, da sie kein aktiver Teil der Kunstszene war. Sie hat zu Lebzeiten niemals ausgestellt und konnte somit keinen Einfluss auf die Entwicklung der Abstraktion in der Kunst haben. Der Grund für die Entwicklung der Abstraktion lässt sich somit ehr in der gesellschaftlichen Entwicklung und daraus resultierenden ästhetischen Fragen suchen.


Hilma af Klint: Der Schwan, Nr.17, Gruppe IX, Farbe auf Leinwand, 1915.


Als Kennzeichen der Moderne wird in der Literatur die Prozesshaftigkeit der Werke verstanden. Dies lässt sich definitiv auch bei Hilma af Klint feststellen. Auch sie legte ein besonderes Augenmerk auf Zustandsveränderungen, Transformationen, Metamorphosen, schuf seriell und arbeitete auf ein Ziel hin. Der Künstler verstand sich immer mehr als performativer Akt, als Medium und Mittler, was ebenfalls als weitere Parallele festgehalten werden kann. Das Interesse von Künstlern für Metaphysik und Spiritismus war ein Trend dieser Zeit, dem auch bekannte Größen wie Wassily Kandinsky folgten.


Wassily Kandinsky: Farbstudie Quardrate, Farbe auf Leinwand, 1913.


Die Frage, ob die Kunstgeschichte wegen der Entdeckung von Hilma af Klints Werk nun umgeschrieben werden muss, kann meiner Meinung nach mit einem deutlichen „Nein“ beantwortet werden. Doch ihre selbstbewusste Arbeit als weibliche Künstlerin ist ein wunderbar frühes Beispiel für die Tendenzen und Ausformungen der modernen Kunst um 1900.

Hilma af Klint: Das Jünglingsalter, Nr.3, Gruppe IV, Farbe auf Leinwand, 1907.


Lara

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