Donnerstag, 4. April 2013

Video: Massenmedium - Kunstmedium

Paul McCarthy: Upside Down Spitting - Bat, 1975, Basement Tapes, Film, schwarz/weiß, Ton, Filmstill.


Das ZKM in Karlsruhe läd zu seiner Vidéo Vintage Ausstellung ein, die zuvor sehr erfolgreich im Pariser Centre de Pompidou kuriert wurde. Man sollte sich für den Besuch sehr viel Zeit mitbringen, da sich die Menge von 72 Videoarbeiten von 53 Verschiedenen Künstlern kaum an einem Tag bewältigen lässt. Das ZKM dachte jedoch mit und schuf dem Besucher einen angenehmen Aufenthaltsort, indem es diverse Möbel und Einrichtungsgegenstände der 60er und 70er Jahre zusammen trug und die Videos in einen passenden optischen Umraum einzufassen. Viele der Videoarbeiten mussten im Voraus digitalisiert und restauriert werden. Wiedergegeben werden diese über ebenfalls der Entstehungszeit entsprechenden Fernsehapparaten oder durch moderne Projektionen. Diese Präsentation ist ungewohnt und vielleicht auch etwas übertrieben, da das Design der Objekte der angewandten Kunst auch sehr von den Videoarbeiten ablenken können.


Bill Viola: Reverse Television - Portraits of Viewers, 1883-84, Film, Farbe, Filmstills

Die Ausstellung ist in drei Themengruppen gegliedert. Den Besucher empfängt zu Beginn der Schwerpunkt Performance, in dem einem bekannte Künstler wie Paul McCarthy mit ihren Videoexperimenten begegnen. Anschließend folgen Arbeiten, in denen sich die Künstler besonders dem Thema Fernsehen, gewidmet haben. Bill Viola filmte 1984 in einer Kooperation mit einem US-amerikanischen Fernsehsender seine Arbeit „Reverse Television – Portraits of Viewers“, in der die Position des Rezipienten genau studiert wird. Der Rezipient wird von seinem Fernsehapparat ebenfalls angestarrt gleichzeitig stellt Viola damit die Position des Betrachters seiner Kunst in Frage. Abschließend gelangt man in den dritten und letzten Abschnitt der Ausstellung, der mit „Haltungen, Formen, Konzepte“ betitelt ist. Der Besucher kann hier einen Einblick in den theoretischen Hintergrund der Videokunst bekommen, die oft nicht nur experimentell, sonder auch strickt geplant und organisiert ist.


Nam June Paik: Global Groove, 1973, Film, Farbe, Ton, Filmstill.

Von Nam June Paiks „Button Happening“ von 1965 nimmt die Position des ältesten Videokunstwerks in der Ausstellung ein. Auch seine Arbeit „Global move“ ist als bedeutendes Werk der Videokunst bekannt. Paiks Position als Pionier dieser Kunstgattung lässt sich in dieser Ausstellung gut nachvollziehen.


Gerry Schum, Josef Beuys: Filz-TV, aus der Serie Identifications, 1970, Film, schwarz/weiß, Filmstill.

Es ist anhand der Exponate gut nachvollziehbar, was die Einführung eines derartigen neuen Mediums für die Kunstszene bedeutete. Die neue Freiheit in der Produktion und Handhabung machte neue Arten von Performances möglich, die auf einem Film fixiert und jederzeit wiederholt werden konnten. Neue Sehgewohnheiten und Ästhetiken wurden erarbeitet und erlernt, die für unser heutiges Medienerlebnis selbstverständlich sind. Den Ursprung unserer Video- und Fernsehkultur nachempfinden zu können ist sehr interessant. 


Gerry Schum, Josef Beuys: Filz-TV, aus der Serie Identifications, 1970, Film, schwarz/weiß, Filmstill.

Das erfolgreiche Massenmedium wird durch die Kunst gefeiert, kritisiert und entfremdet. Auch theoretische Diskurse, wie beispielsweise Walter Benjamins These über die Entwertung des Kunstwerkes durch seine technische Reproduzierbarkeit werden persönlich erfahrbar. Doch nicht nur die negativen, sondern auch die positiven Aspekte der medialen Kunst sind präsent. Denn sie wird durch ihre Wiederholbarkeit auch mehr Menschen zugänglich. Der Besuch der Vidéo Vintage Ausstellung ist definitiv reich an Bildern und Emotionen und gibt auch Besuchern eine Chance, die vielleicht bisher keinen Zugang zu Medienkunst fanden.

Lara

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