Julia Stoschek konzentriert sich in ihrer Ausstellung Number
6: Flaming Creatures auf den
Kunsttypus Camp, der alle
Arbeiten dieser Ausstellung verbindet. Namensgebend ist der Film des
US-amerikanischen Künstlers Jack Smith, der die maßgebende Rolle der Ausstellung einnimmt. Flaming
Creatures entstand 1963 und
wurde wegen seiner sexuellen Obszönität in den USA stark verurteilt. Jack
Smith sorgte mit diesem Film für
einen die Gesellschaft erschütternden Skandal, sodass die Filmaufführungen
systematisch verboten und das Filmmaterial von der Polizei konfisziert wurde.
Jack Smith: Flaming Creatures, 1963, Film, schwarz/weiß, Ton, Filmstill. |
Ich fragte mich, ob Kunst aus den 60ern und 70ern
für mich immer noch „campy“ sein würde, oder ob mich mein Alter und meine
Medienerfahrung schon diesem Phänomen gegenüber abgebrüht hat. Doch tatsächlich
haben die Arbeiten von Bruce Nauman
und Paul McCarthy immer noch
einen Grad an Theatralik und Übertreibung in sich, der selbst den abgebrühten
80er-Jahrgang irritiert.
Bruce Nauman: Pulling Mouth, 1969, 16 mm Film übertragen durch Video, schwarz/weiß, stumm, Filmstill. |
Doch was ist eigentlich Camp? Die Definition und
die Unterscheidung von Camp, nicht Camp, campy, oder camping gestaltete sich
anfangs für mich ehr schwierig. Der einleitende Text zur Ausstellung verrät,
dass es sich bei Camp um eine „überpointierte Art der Wahrnehmung handelt, die
sich im Zuge des Ästhetizismus und des Dandytums entwickelte.“ Somit lässt sich
der Beginn des Camp Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts datierten. Wie
wir es durch die Exponate der Ausstellung erleben können, entwickelte sich der
Höhepunkt der Camp-Kunst in den 50er und 60er Jahren.
Tony Oursler, Sonic Youth: Tunic (Song for Karen), 1990, Video, Farbe, Ton, Filmstill. |
Was uns Julia Stoschek auch beibringt: Camp is not dead! Stetig
entwickelt sich die Camp-Kultur weiter und kreiert verschiedenste kulturelle
Produkte und Personen. Die Ausstellung bietet nicht nur Klassiker der
Medienkunst, sondern auch aktuelle Werke von John Bock, Tony Oursler, Ryan Trecartin und Aura Rosenberg. Besonders steht die selbstironische und
übertriebene Darstellung von Weiblichkeit im Vordergrund, wie sie oft in der
homosexuellen Subkultur zu finden sind. Die Künstler spielen in ihren Werken
mit der Erwartungshaltung der Zuschauer, sowie deren Werte- und
Gesellschaftssystem.
Aura Rosenberg, Mike Kelley: Carmen, 1996, Farbfotografie, Titenstrahldruck, 104 x 78 cm. |
Susan Sontag versuchte sich 1964 in ihrem Essay „Notes on Camp“ an einer Definition dieses Phänomens. Was Camp
ausmacht und was nicht, ist sehr differenziell aufzufassen. Die wichtigsten
Eigenschaften von Camp, die ich für mich herauslese sind: die Liebe zum
Unnatürlichen; der Hang zum Ästhetizismus; eine starke Attitüde; verwirrende
Geschlechtslosigkeit; Naivität; das Schaffen von alternativen Standards; etwas
Spielerisches, Komisches an sich haben.
Ryan Trecartin: Sibling Topics (section a), 2009, Farbfilm, Ton, Filmstill. |
Um sich einen Eindruck von Camp-Kunst zu machen
und um sich eine Auszeit von der ernsten Realität zu nehmen ist die Ausstellung
Number 6: Flaming Creatures
gold richtig. Der Besuch wirkt belebend und bringt erfrischende Eindrücke mit
sich.
Lara
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